Mein Radiomuseum

Die erste deutsche Rundfunksendung 1923

Bild des ersten deutsche Rundfunksenders 1923

 

In 14 Tagen einen Sender für Berlin

Die erste Rundfunksendung in Deutschland

1923 wurde die Einführung des Rundfunks in Deutschland täglich erwartet. Infolge der anscheinend unmöglichen Finanzierung ( Inflation ) wurde es aber immer wieder nichts.

Organisatorisch wurde inzwischen von seiten der DRP alles vorbereitet. Freilich stellte man sich damals die Teilnahme an der neuen Einrichtung noch wesentlich anders vor, als es später gekommen ist. Als ich in einer Besprechung darauf hinwies, daß man zunächst hauptsächlich mit Detektorapparaten würde rechnen müssen, wurde ich von sämtlichen Fachleuten ausgelacht. Nach dem Vorgange des Wirtschafts- und Presserundfunkdienstes sollten nur plombierte, auf eine bestimmte Wellenlänge eingestellte Röhrenempfänger in Frage kommen.

Und eines Tages wurde es dann ganz plötzlich ernst. Am 19. September 1923 erhielt ich den Auftrag, binnen 14 Tagen einen Rundfunksender mit laboratoriumsmäßigen Mitteln zusammenzustellen. Besonders schwierig zu erfüllen war dabei die zusätzliche Forderung, daß "Kosten dadurch nicht entstehen dürften".

Es galt also, aus den Beständen des Laboratoriums in aller Eile einen Sender zusammenzuzimmern.

Unter Anspannung aller Kräfte gelang es tatsächlich, den Auftrag auszuführen. Am 1. Oktober war der Sender fertig und zur Aufstellung bereit.

     Nach den heutigen Begriffen war er natürlich alles andere als vollkommen. Die Anodenspannung wurde von einer 1000-periodigen Wechselstrommaschine in Verbindung mit einem Gasgleichrichter geliefert. Die Folge davon war natürlich, daß trotz der angewendeten Siebmittel ein Ton von 2000 Hertz zu hören war, der nicht gerade angenehm empfunden wurde, um so mehr, als auch die Heizung von einer ( Gleichstrom- ) Maschine geliefert wurde.

Zur Aufnahme dienten ausgesuchte Kohlemikrophone älterer Ausführung, die sich als besonders geeignet erwiesen hatten, vor allem ein solches der Telephonfabrik A.-G., vormals J. Berliner, das bereits eine Glimmermembran besaß.

Inzwischen hatten wir auch nach einem Aufstellungsort für den Sender Ausschau gehalten. Selbstverständlich kam nur das Zentrum der Stadt in Frage. Wir gewannen bald Übung im Zurechtfinden in den Dachstühlen und im Erklettern der Dächer in der Nähe des Potsdamer Platzes, wobei wir Gelegenheit hatten, Berlin von oben etwas genauer kennenzulernen.

Schließlich fiel die Wahl auf das Vox - Haus (Potsdamer Str. 4) wo die Vox - Grammophon - Gesellschaft ein kleiner Dachkämmerchen von einigen Quadratmetern Grundfläche zur Verfügung stellte. Ein besonderer Vorzug dieses Raumes war das schräge Dach, das in der einen Hälfte des Raumes ein Aufrechtstehen unmöglich machte.

 

 

Am 2. Oktober wurde der Sender hierhin gebracht und sofort mit der Aufstellung begonnen. Bald waren die elektrischen Anschlußleitungen verlegt und die Maschinen angeschaltet. Das Telegraphenbauamt hatte inzwischen eine Antenne nach unseren Wünschen errichtet.

Unterdes wurde ein Aufnahmeraum vorbereitet. Ein Zimmer im dritten Stock ausgeräumt und durch Wolldecken etwa im Verhältnis 2 : 1 geteilt. Der größere Teil dieses Raumes, der zur Abdämpfung des Schalles zunächst locker mit Kreppapier behängt wurde, war als der eigentliche "Aufnahmeraum" gedacht; der kleinere Teil bot Platz zur Aufstellung der notwendigen technischen Einrichtungen. Ein mit zwei Adreßbüchern belegter Stuhl diente zur Aufstellung der Mikrophone.

Es war alles sehr primitiv, überaus primitiv sogar, aber es ging doch wenigstens, und das war für den Anfang die Hauptsache.

Vom 18. Oktober ab fanden Sendeversuche statt, um einerseits die günstigste Stellung der Mikrophone usw. zu erproben, andererseits, um einige Erfahrungen über die Reichweite des Senders zu gewinnen.

Am Vormittag des 29. Oktober kam dann Herr

     Staatssekretär Dr. Bredow zur Besichtigung. Überraschenderweise ordnete er die Aufnahme eines programmäßigen Betriebes bereits vom gleichen Tage ab an.

Nun galt es, in aller Eile eine Vortragsfolge aufzustellen und die für den Abend notwendigen Künstler heranzu- ziehen. Uns Techniker brauchte das allerdings nicht weiter zu sorgen, denn das war Sache der schnell gegründeten "Radio-Stunde", 

Am Abend begann dann der offizielle Sendedienst. "Achtung, Achtung, hier ist Berlin auf Welle 400 m!", so klang es in den Raum hinaus. Und dann spielte Otto Urack einige Stücke auf dem Cello, darunter die damals unvermeidliche "Träumerei" von Schumann, Rudolf Deman meisterte die Geige, und der Tenor Alfred Wilde trug einige Arien vor. Dazwischen kamen einige Grammophonplatten, damals noch ohne den - allerdings schon bald danach auftauchenden - elektrischen "Tonabnehmer".

Und als dann am Schluß der Darbietungen nach dem Deutschlandliede ( ebenfalls eine Schallplattenwieder- gabe! ) das "Wir wünschen Ihnen eine gute Nacht! Vergessen Sie bitte nicht, die Antenne zu erden!" erklang, da ward aus Abend und Rundfunk der erste Rundfunktag.

Nach einer Geschichte von Postdirektor F. Weichart

Einen Monat nach Inbetriebnahme des ersten deutschen Rundfunksenders in Berlin waren schon 467 Rundfunkteilnehmer registriert.

Im ersten Halbjahr 1924 wurden weitere Sender in Leipzig, München, Frankfurt a. M. Stuttgart, Breslau und Königsberg mit einer Leistung von jeweils 250 W in Betrieb genommen. Dies führte zu einem sprunghaften Anstieg der Hörerzahlen auf 100.000 Teilnehmer.

Nach Unterlagen von Siemens